Bisher erzielte man mit der Suchanfrage nach ‚Hammamunga’ null
Ergebnisse. Seit einiger Zeit jedoch gibt es im Internet Hinweise auf ein
Forum, dessen Mitglieder zu diesem Begriff Geschichten verfassen. Da ist es die
Bezeichnung für eine sensationelle Neuzüchtung der grünen Mungbohne oder es
geht um ein hammamungisches Horrorkabinett auf der zweiundvierzigsten Straße in
New York City oder um einen Chip, der irgendwo im Moor schlummert, bis ein
Experte ihn aufspürt, der das Kennwort entschlüsselt, um mit Hilfe der
gespeicherten Formel die Menschen von ihrem totalen Kontaktverlust zu heilen,
den sie sich durch ein datenhungriges Virus zugezogen haben, das in
Sekundenbruchteilen sämtliche Computer der Welt infiziert.
Natürlich würde sich niemand mit solchen Überlegungen beschäftigen, wenn es nicht tatsächlich ein Wesen mit diesem Namen gäbe. Es sieht zunächst aus wie eine herkömmliche Glühbirne, deren transparentes Oberteil in mehr oder weniger klarer Kontur, jedoch darunter kein Innenleben, erkennbar ist. Den unteren Teil bildet eine Art Spule, ähnlich der Odradek’schen Zwirnsspule, aber kupfern glänzend, wie ein Relais, nur viel größer und dicker. Darunter befinden sich zwei kugelförmige Füßchen, mit denen es sich erstaunlich flink fortbewegen lässt, wenn sich jemand nähern will.
Hammamunga hält sich zeitweise im Keller, auf dem Dachboden, im Treppenhaus oder im Wohnzimmer auf, selten im Wintergarten und nie im Garten. Ab und zu hockt sie zur Bettzeit in einer Ecke des Schlafzimmers, stört aber nicht weiter. Am nächsten Morgen ist sie nicht mehr da. Oder sie zappelt um das Notebook herum, eine Störung, die sich durch Beenden des Standby-Modus beheben lässt. Es kommt auch vor, dass sie wochenlang gar nicht zu sehen ist; dann ist sie wohl in andere Häuser umgesiedelt. Doch kehrt sie unweigerlich wieder zurück in unser Haus.
Manchmal, wenn man im Obergeschoss aus dem Zimmer tritt, lauert sie unten am Treppengeländer. Dann ist man geneigt, sie anzusprechen. Man stellt ihr keine schwierigen Fragen, sondern behandelt sie wie ein Kind, schon ihrer kleinen Füße wegen. ‚Wie heißt du denn?’, fragt man. ‚Hammamunga’, antwortet sie. ‚Und wo wohnst du?’ ‚Wohnort unbestimmt’, lacht sie. Das Lachen klingt so ein bisschen wie Rascheln oder Knistern, aber doch noch ganz anders und hält sich einen Moment lang in den Ohren. Übrigens sind diese Antworten nicht immer aus ihr herauszulocken. Meistens bleibt sie stumm, wie das Plastikmaterial, das sie zu sein scheint.
Was wird einmal mit ihr geschehen? Vergeblich frage ich mich, ob sie denn sterben kann. Sterben kann doch nur jemand, der einen Anfang gehabt hat, eine Tätigkeit, an der er sich verbraucht hat, zumindest jedoch einen Lebensweg. Sein Lebenskreis hat sich geschlossen, heißt es dann in der Traueranzeige. Hammamunga wird weder bei Sonnenschein, Nebel oder klirrendem Frost in einem Erdloch verschwinden, noch eines Tages beim Trip im brasilianischen Dschungel, im Eisbruch des Himalaya oder beim Absturz eines Fliegers in den Wellenbergen des Atlantiks. Eigentlich kann ich ja auch nicht sagen, dass sie wirklich jemandem schadet. Wenn da nur nicht dieser schon fast schmerzliche Gedanke in meinem Kopf wäre, die Vorstellung, sie sollte mich auch noch überleben. Wird sie einstmals noch vor den Füßen meiner Kinder, Enkel und Urenkel mit nachziehendem Metallfaden die Treppe hinunterkullern?
Natürlich würde sich niemand mit solchen Überlegungen beschäftigen, wenn es nicht tatsächlich ein Wesen mit diesem Namen gäbe. Es sieht zunächst aus wie eine herkömmliche Glühbirne, deren transparentes Oberteil in mehr oder weniger klarer Kontur, jedoch darunter kein Innenleben, erkennbar ist. Den unteren Teil bildet eine Art Spule, ähnlich der Odradek’schen Zwirnsspule, aber kupfern glänzend, wie ein Relais, nur viel größer und dicker. Darunter befinden sich zwei kugelförmige Füßchen, mit denen es sich erstaunlich flink fortbewegen lässt, wenn sich jemand nähern will.
Hammamunga hält sich zeitweise im Keller, auf dem Dachboden, im Treppenhaus oder im Wohnzimmer auf, selten im Wintergarten und nie im Garten. Ab und zu hockt sie zur Bettzeit in einer Ecke des Schlafzimmers, stört aber nicht weiter. Am nächsten Morgen ist sie nicht mehr da. Oder sie zappelt um das Notebook herum, eine Störung, die sich durch Beenden des Standby-Modus beheben lässt. Es kommt auch vor, dass sie wochenlang gar nicht zu sehen ist; dann ist sie wohl in andere Häuser umgesiedelt. Doch kehrt sie unweigerlich wieder zurück in unser Haus.
Manchmal, wenn man im Obergeschoss aus dem Zimmer tritt, lauert sie unten am Treppengeländer. Dann ist man geneigt, sie anzusprechen. Man stellt ihr keine schwierigen Fragen, sondern behandelt sie wie ein Kind, schon ihrer kleinen Füße wegen. ‚Wie heißt du denn?’, fragt man. ‚Hammamunga’, antwortet sie. ‚Und wo wohnst du?’ ‚Wohnort unbestimmt’, lacht sie. Das Lachen klingt so ein bisschen wie Rascheln oder Knistern, aber doch noch ganz anders und hält sich einen Moment lang in den Ohren. Übrigens sind diese Antworten nicht immer aus ihr herauszulocken. Meistens bleibt sie stumm, wie das Plastikmaterial, das sie zu sein scheint.
Was wird einmal mit ihr geschehen? Vergeblich frage ich mich, ob sie denn sterben kann. Sterben kann doch nur jemand, der einen Anfang gehabt hat, eine Tätigkeit, an der er sich verbraucht hat, zumindest jedoch einen Lebensweg. Sein Lebenskreis hat sich geschlossen, heißt es dann in der Traueranzeige. Hammamunga wird weder bei Sonnenschein, Nebel oder klirrendem Frost in einem Erdloch verschwinden, noch eines Tages beim Trip im brasilianischen Dschungel, im Eisbruch des Himalaya oder beim Absturz eines Fliegers in den Wellenbergen des Atlantiks. Eigentlich kann ich ja auch nicht sagen, dass sie wirklich jemandem schadet. Wenn da nur nicht dieser schon fast schmerzliche Gedanke in meinem Kopf wäre, die Vorstellung, sie sollte mich auch noch überleben. Wird sie einstmals noch vor den Füßen meiner Kinder, Enkel und Urenkel mit nachziehendem Metallfaden die Treppe hinunterkullern?
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