Nach dem Weihnachtsfest entschied Malwida,
die weite Reise nach Thüringen zu machen und ihn dort zu besuchen. So kam sie an einem kalten
Dezemberabend in Gotha an, stieg in einem Gasthof ab und machte sich noch in
der Dunkelheit auf den Weg hinaus aus der Stadt durch eine lange Allee zwischen
schneebedeckten Feldern. In einem einsam gelegenen Haus waren noch zwei Fenster
erleuchtet. Das musste das Krankenhaus sein.
Eine alte Frau führte sie zu Theodor. Malwida war zutiefst
erschüttert, als sie ihn sah, so mager und blass, das Lächeln der bleichen
Lippen war zum Weinen traurig. Den unbeschreiblichen Schmerz ertrug sie nur bei
dem Gedanken, ihm bei all dem Elend ein bisschen Freude zu bringen. Nicht
einmal dreißig Jahre alt und so nah am Tod. Auch er ein Opfer im Kampf um die
Freiheit, dachte sie, und kam nun jeden Tag. Dann saßen beide am Tisch einander
gegenüber und redeten über seine Kindheit, seine Mutter und über ihre
gemeinsamen Ideale in den schönen Zeiten ihrer jungen Liebe. Malwida blieb so
lange, bis er zu schwach wurde und ausruhen wollte.
Als sie den Silvesterabend zusammen verbrachten, ahnten
beide, dass es für Theodor der letzte Jahresbeginn sein würde. Wieder musste
Malwida ihn allein und hilflos zurück lassen. Doch vorher besorgte sie ihm noch
einen bequemen Lehnstuhl, weil sie beobachtet hatte, dass ihm das Sitzen auf
dem Sofa in seinem Zimmer schwer fiel.
Dann musste sie zurück an ihre Arbeit, die auch nicht einfacher
wurde. Es stellte sich heraus, dass die Ausweisung von Theodor Althaus bereits
der Anfang der Repressalien gegen die Hamburger Einrichtung gewesen war.
Inzwischen war der reaktionäre Gegenwind allzu deutlich spürbar. Die
Unterstützung der Sponsoren wurde weniger. Schließlich war die Einrichtung
nicht mehr zu finanzieren. Johanna und Karl Fröbel gaben die Leitung ab. Emilie
Wüstenfeld und Malwida blieben weiter auf ihren Posten und taten, was sie
konnten.
Aus: Malwida und der Demokrat
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